ICANNs Unabhängigkeit: Bedenken wegen möglicher Inhalteregulierung

ICANN nach der Unabhängigkeit: Ruf nach stärkerer Inhalteregulierung

Die privatisierte Netzverwaltung ICANN hat ihr erstes Treffen nach der vollständigen Unabhängigkeit gefeiert. Doch es gibt Bedenken; dass die ICANN von einigen Gruppen als Werkzeug zur Regulierung von Inhalten missbraucht werden könnte. Die Initiative wird von einigen Beobachtern als Versuch gesehen, den Einfluss auf die Internetinhalte zu erweitern. Trotz der Feierlichkeiten sehen einige Menschen eine Bedrohung für die Freiheit des Internets und verlangen eine stärkere Überwachung von ICANNs Aktivitäten.


In ihrem Abschlussdokument fordern die Regierungen unter anderem dringend. Dass ICANN die Domain-Registries & Registrare strikter kontrolliert. Auch die wachsende Bereitschaft der Domainbranche selbst · auf Zuruf von Wächterorganisationen Domains zu blockieren · wird mit Sorge gesehen.

Überprüfung von Domains

Zwar verbietet die neue Satzung der ICANN, dass sie sich zum Regulierer der Dienstleister im Domainmarkt aufschwingt. Bestehende vertragliche Regelungen ? etwa für die neuen Domain-Registries oder Registrare ? bleiben davon aber unberührt. Laut diesen müssen die neuen Registries (von .berlin bis .hotel) beispielsweise regelmäßig prüfen ob Domains in ihrer Zone für Pharming Phishing, Malware oder Botnets genutzt werden. Auch müssen sie ihre Registrare zu scharfen Bestimmungen in den Nutzungsbestimmungen anhalten. Die Registrare sollen nicht nur Botnetz-Betreibern, allerdings ebenfalls mutmaßlichen Urheberrechtspiraten mit Domainsperren drohen um etwaige Missetäter dann auch rauswerfen zu können.

Überdies sind Registrare seit einem hart umkämpften neuen Vertrag mit der ICANN zur Validierungen von Adressen bei der Domainregistrierung verpflichtet. Die im Regierungsbeirat vertretenen Beamten aus inzwischen 170 Ländern forderten in Hyderabad von der ICANN: Sie den Nachweis darüber führt dass diese Verpflichtungen auch wirklich umgesetzt werden. In mehreren Sitzungen mit Vertretern einer neuen, von FBI, Europol und Regierungen initiierten "Arbeitsgruppe öffentliche Sicherheit" wurde zudem ein stärker proaktives Vorgehen gegen "Domain-Missbrauch" angeregt.

SOPA durch die Hintertür

Vor der Durchsetzung von "SOPA" durch die Hintertür warnte US-Anwältin Kathy Kleiman, Mitglied der Gruppe nichtkommerzielle Nutzer. Kleinman kritisierte dabei insbesondere Initiativen wie die bei der ICANN hinter verschlossenen Türen tagende "Healthy Domain Initiative".

Als Unternehmen könne man Domains durchaus auf Zuruf von vertrauenswürdigen Partnern wie der britischen Internet Watch Foundation oder der US-Kinderschutzorganisation NCMEC sperren, verteidigte John Nevett vom HDI-Mitbegründer Donuts das Konzept. Vertreter der Electronic Frontier Foundation (EFF) warnten in Hyderabad vor einer fortschreitenden "Schattenregulierung" durch ICANN-Registries und Registrare. Donuts etwa löscht nach einer freiwilligen Vereinbarung auch von der Motion Picture Association of America als rechtsverletzend gemeldete Domains, darauffolgend einer eigenen Prüfung.

ICANN-Sitz wieder in der Diskussionen

Jenseits der Feiern über die nach fast zwei Jahrzehnten erreichte Unabhängigkeit der ICANN flammte in Hyderabad auch der Ruf nach einem Umzug in ein anderes Sitzland wieder auf. Eine Reihe von indischen Nichtregierungsorganisationen machte verschiedene Vorschläge dazu, ebenso wie ICANN oder Teile davon dem US-Recht entzogen werden könnten. Möglich sei eine Umwandlung in eine internationale Organisation (wie das Rote Kreuz), eine Verteilung der verschiedenen ICANN-Teilorganisationen auf verschiedene Jurisdiktionen (ICANN, IANA, Root Zone Maintainer) oder auch eine unter dem United States International Organisations Immunities Act vorgesehene Immunität von US-Recht.

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