
Die elektronische Patientenakte (ePA) ist ein Thema, das derzeit viel Diskussion hervorruft. Kritiker werfen der Bundesregierung vor, dass der aktuelle Gesetzesentwurf nicht weit genug geht. Zusätzlich besteht die Besorgnis, dass die EU eine Zwangs-ePA für alle Bürger einführen möchte. In einer Anhörung im Bundestag wurde gestern über die Digitalisierung im Gesundheitswesen debattiert. Experten wurden eingeladen, ihre Ansichten zu teilen. Ein besonderer Fokus lag dabei auf dem geplanten "Europäischen Raum für Gesundheitsdaten" (EHDS) der EU, der die deutschen Reformpläne beeinflussen könnte. Während die Bundesregierung die ePA einführen will, müssen Bürger, die dem nicht widersprechen, befürchten, dass die EU eine Zwangs-ePA ohne Widerspruchsrecht für alle fordert. Das Europäische Parlament wird in den nächsten Wochen darüber abstimmen und den Gesetzentwurf der EU-Kommission unterstützen oder ablehnen. Wenn die Zwangs-ePA EU-Gesetz wird, müsste auch Deutschland sie einführen und die Widerspruchsmöglichkeit der Bürger einschränken.
Sicherheitsbedenken und Verlust der Kontrolle über Gesundheitsdaten
Kritiker, wie Dr. Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei, sehen in der geplanten Zwangs-ePA der EU große Risiken für den Datenschutz der Patienten. Sie befürchten, dass persönlichste Behandlungsdaten gestohlen oder verloren gehen könnten und dass Patienten dadurch die Kontrolle über die Digitalisierung ihrer Gesundheitsdaten verlieren könnten. Besonders heikle Informationen, wie psychische Krankheiten, Suchttherapien, Potenzschwäche und Schwangerschaftsabbrüche, wären gefährdet. Solche Zwangserfassungen könnten Patienten abschrecken und negative Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben. Dr. Breyer ist Verhandlungsführer der Fraktion Grüne/Europäische Freie Allianz im Innenausschuss des EU-Parlaments und äußert seine Bedenken gegenüber der geplanten EU-Zwangs-ePA.
Das Widerspruchsrecht der Bürger
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung betont, dass es den Versicherten freisteht, die Bereitstellung der elektronischen Patientenakte abzulehnen. Das Europäische Parlament hat bisher jedoch keine Mehrheit dafür, den Patienten ein Widerspruchsrecht einzuräumen. Erst Ende November werden die zuständigen Ausschüsse darüber abstimmen, ob den Patienten ein Widerspruchsrecht zusteht. Im Dezember wird dann das Plenum über die endgültige Positionierung des Parlaments abstimmen. Wenn die Zwangs-ePA zu einem EU-Gesetz wird, müsste auch Deutschland das geplante Widerspruchsrecht streichen.
Die Sorgen der Bürger
Gemäß einer Umfrage der Europäischen Verbraucherzentralen (BEUC) haben 44% der Bürger Bedenken hinsichtlich des Diebstahls ihrer Gesundheitsdaten und 40% fürchten unbefugte Zugriffe auf ihre Daten.
Kontrolle über die eigenen Daten und Nutzung der elektronischen Patientenakte
Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert, dass die Hoheit über die eigenen Daten nicht verloren gehen darf. Gesundheitsdaten sollten nur für solche Zwecke freigegeben werden, die dem Gemeinwohl dienen. Der vzbv fordert außerdem, dass Krankenkassen die Daten der Patientenakte nicht für Eigenwerbung nutzen dürfen.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte weist darauf hin, dass Menschen, die keine eigene Hardware besitzen oder nutzen wollen, keinen Einblick in ihre eigene ePA haben werden. Dadurch wären sie von der elektronischen Patientenakte ausgeschlossen. Der Datenschutzbeauftragte kritisiert zudem, dass die geplanten Einschränkungen der Patientensouveränität gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und damit gegen europäisches Recht verstoßen.
Fazit
Die Diskussion über die Einführung der elektronischen Patientenakte ist hitzig. Kritiker sehen eine große Gefahr für die Datensicherheit der Patienten und das Verlust der Kontrolle über ihre eigenen Gesundheitsdaten. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass Bürger die ePA ablehnen können. Jedoch gibt es im Europäischen Parlament bisher keine Mehrheit dafür, den Patienten dieses Recht einzuräumen. Eine Umfrage der BEUC zeigte, dass viele Bürger Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes haben. Der vzbv und der Bundesdatenschutzbeauftragte fordern, dass die Hoheit über die Daten gewahrt bleibt und dass die Nutzung der ePA auf Zwecke beschränkt wird, die dem Gemeinwohl dienen. Die Entscheidung des Europäischen Parlaments wird im November erwartet.
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