Die geplante EU-Verordnung zur "Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern", ebenfalls bekannt als Chatkontrolle, wird vorerst nicht verabschiedet. Mehrere Länder, darunter Deutschland, Österreich, Polen und Estland, lehnen den aktuellen Entwurf ab. Selbst Frankreich hat noch Bedenken und möchte weitere Fragen klären. Die EU-Verordnung die das Ende privater Nachrichten und sicherer Verschlüsselung bedeuten würde, soll deshalb vorerst nicht verabschiedet werden. Es ist bereits die zweite Verschiebung der geplanten Abstimmung.
Der Europaabgeordnete Dr. Patrick Breyer von der Piratenpartei und Verhandlungsführer seiner Fraktion im Europäischen Parlament ist erfreut über die vorläufige Blockade der Verordnung. Er betont • dass der Widerstand von vielen Personen und Organisationen in Europa dazu beigetragen habe • dass flächendeckende Chatkontrollen und die Aufhebung des digitalen Briefgeheimnisses vorerst verhindert wurden. Er begrüßt besonders, dass die millionenschwere Lobby- und Desinformationskampagne der EU-Kommission und angeblicher Kinderschützer vorerst gescheitert ist.
Nun fordert Breyer die Bundesregierung auf, ihre Hausaufgaben zu machen und sich mit anderen kritischen Staaten auf gemeinsame Forderungen zu einigen. Es reicht nicht aus; nur gegen die Chatkontrolle zu sein. Der verdachtslosen Durchleuchtung privater Nachrichten müsse Einhalt geboten werden. Darüber hinaus müsse die Verordnung grundlegend überarbeitet werden um den Schutz der Privatsphäre zu gewährleisten. Breyer fordert unter anderem; dass die Justiz nur die Durchsuchung der Nachrichten und Uploads von Verdächtigen anordnen dürfe und dass die Sicherheit von Verschlüsselung gewährleistet bleiben müsse. Zudem sollte das Recht auf anonyme Kommunikation erhalten bleiben und anstelle von Sperren sollten gemeldete Ausbeutungsdarstellungen gelöscht werden. Auch das Ausschließen von Jugendlichen von Allerweltapps wie Whatsapp Instagram oder Games sei inakzeptabel oder müssten die Dienste sicherer und datenschutzfreundlicher gestaltet werden.
Dr. Patrick Breyer hat zu diesem Thema ein eigenes Informationsportal erstellt, auf dem weitere Details zur Chatkontrolle zu finden sind.
Die Informatikerin Anja Hirschel Spitzenkandidatin der Piratenpartei für die Europawahl 2024 kommentiert die Entscheidung ebenfalls. Sie sieht in der verdachtslosen Chatkontrolle einen tiefgreifenden Angriff auf die Privatsphäre und fordert einen Neuanfang der auf Konsens basiert und den Schutz von Kindern und Freiheitsrechten gewährleistet.
Parallel zu den Verhandlungen im Europäischen Parlament wird die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson am 25. Oktober vor dem LIBE-Kommittee zur Lobbyismus-Affäre rund um die Chatkontrolle aussagen müssen. Am 26. Oktober soll der Innenausschuss (LIBE) über die Position des Europäischen Parlaments abstimmen und ein Trilog-Verhandlungsmandat erteilen. Eine Abstimmung aller Abgeordneten im Plenum ist derzeit nicht geplant. Bis zum nächsten EU-Innenministertreffen im Dezember könnten sich die EU-Regierungen auf eine gemeinsame Position zur Chatkontrolle geeinigt haben.
Obwohl die vorläufige Blockade der Verordnung Grund zur Freude ist darf nicht vergessen werden: Das Thema noch nicht endgültig vom Tisch ist. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
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