Deutschland fehlt eine Strategie für die Kernfusion

Uhr
Kernfusion: Deutschland fehlt laut Studie eine Strategie

Die Unternehmensberatung Strategy& hat in einer Studie festgestellt, dass die Technologie der Kernfusion in etwa zehn bis fünfzehn Jahren einsatzbereit sein könnte, um Strom zu erzeugen. Damit hätte die Kernfusion das Potenzial, fossile Energien zu ersetzen und zur globalen Energiewende beizutragen, so die Energiefachleute von Strategy& in einem neuen Positionspapier. Trotz führender Forschung in diesem Bereich besteht jedoch die Gefahr, dass Deutschland laut den Studienautoren den Anschluss verliert. Strategy& ist Teil der internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC.



Deutschland hätte die besten Voraussetzungen, eine führende Rolle in der Fusionsforschung einzunehmen, so Christian von Tschirschky, Energiefachmann bei Strategy&. Zu den weltweit renommiertesten Forschungseinrichtungen gehören das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching und Greifswald sowie die Helmholtz-Zentren in Karlsruhe und Jülich.



Allerdings sind die finanziellen Mittel für deutsche Fusionsforscher im Vergleich dazu eher gering: Laut Strategy& stehen jährlich 225 Millionen Euro zur Verfügung. In den USA belaufen sich die staatlichen Fördermittel für die Fusionsforschung dagegen auf umgerechnet 1,27 Milliarden Euro. Was private Geldgeber betrifft, so sind mehr als die Hälfte der neun weltweit finanziell stärksten Start-ups für Kernfusion in den USA und Kanada ansässig, zwei in Großbritannien und nur eines in Deutschland.



Von Tschirschky kritisierte, dass Deutschland die bevorstehenden Entwicklungen der Fusionsenergie in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren lediglich staunend oder skeptisch beobachte. Deshalb sei es notwendig, eine umfassende Fusionsstrategie für Deutschland zu erarbeiten, die sämtliche Aspekte von Lieferketten über Forschungsförderung bis zu Verwaltungsvorschriften abdeckt.



Das Bundesforschungsministerium wies die Kritik zurück und verwies darauf, dass die Fördermittel erst kürzlich aufgestockt wurden. In den kommenden fünf Jahren werde die Forschungsförderung für Fusion um zusätzliche 370 Millionen Euro deutlich erhöht. Zusammen mit bereits geplanten Mitteln für die Forschungseinrichtungen stellt das Ministerium damit bis 2028 über eine Milliarde Euro für die Fusionsforschung zur Verfügung. Das Ziel sei es, eine saubere, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung sicherzustellen. Industrie und Forschungseinrichtungen sollten gemeinsam die technologischen Herausforderungen angehen, um ein Fusionskraftwerk zu realisieren.



Im Falle eines Durchbruchs könnten Fusionskraftwerke energieeffizient und ohne CO-Emissionen betrieben werden, ohne die Gefahr einer Reaktorkatastrophe und ohne die Nachteile langlebiger Atomabfälle, wie sie in herkömmlichen Kernkraftwerken entstehen. Das Bundesministerium für Forschung hatte die Technologie im Juni in einem Positionspapier als "sauber" eingestuft. Es gibt bisher zwar noch keine einsatzbereiten Fusionskraftwerke, aber das Münchner Start-up Marvel Fusion hat kürzlich angekündigt, den Bau eines Kernfusion-Kraftwerks auf dem Gelände der Colorado State University in den USA voranzutreiben.






Kommentare


Anzeige