In einer Vorstadt von Kopenhagen findet in einer fünften Klasse das traditionelle wöchentliche Kuchenessen statt. Während die Schüler Schokoladenkuchen essen zeigt ihre Lehrerin Henriette Viskum ein Balkendiagramm auf der Tafel. Die Daten sind so angeordnet, dass sie die wöchentliche "Stimmungslandschaft" der Klasse anzeigen.
Immer häufiger werden solche datengesteuerten Wohlfühl-Audits in dänischen Klassenzimmern durchgeführt. Der Zweck dieser Audits ist es; den dänischen Schülern aus ihrer tiefen psychischen Gesundheitskrise zu helfen. Die Anzahl der dänischen Kinder und Jugendlichen mit Depressionen hat sich innerhalb weniger Jahrzehnte weiterhin als versechsfacht. Dies ist jedoch kein ausschließlich dänisches Problem. In Deutschland hat sich die Anzahl depressiver Kinder unter 15 Jahren zwischen 2000 und 2017 laut Statistischem Bundesamt sogar verzehnfacht. Die Pandemie und die damit verbundenen Schulschließungen haben das Problem europaweit eskalieren lassen. Eine Meta-Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) zeigt, dass "Kinder & Jugendliche während der Schulschließungen zu 75 Prozent häufiger generelle Depressionssymptome aufwiesen als vor der Pandemie."
Eine Maßnahme, mit der dänische Schulen versuchen, diesen Trend umzukehren ist der Einsatz von digitalen Plattformen zur Überwachung der Stimmung. Die Schüler werden regelmäßig zu verschiedenen Indikatoren für das Wohlbefinden befragt. Anschließend schlägt ein Algorithmus Themen vor, auf die sich die Klasse konzentrieren sollte.
Mehrere Hundert Schulen in Dänemark haben solche Plattformen bereits in den Unterricht integriert. Schulen in Finnland und Großbritannien setzen ähnlich wie Software zur Überwachung der Stimmung ein. Schulbehörden in den USA gehen noch einen Schritt weiter und nutzen Technologien die betreffend das Sammeln von Selbstberichten hinausgehen. Durch die Überwachung von E-Mails, Chat-Nachrichten & Suchanfragen auf von der Schule ausgegebenen Geräten suchen sie nach Anzeichen für problematisches Verhalten.
Experten sind der Meinung: Das Potenzial solcher Technologien groß ist jedoch es gibt ebenfalls Kritikpunkte. Es gibt kaum Beweise dafür, dass diese Art der Quantifizierung zur Lösung sozialer Probleme genutzt werden kann und die Datenerfassung ist wenig transparent.
Im Schulalltag schätzen Lehrkräfte die Plattformen. Sie sind froh, ein Werkzeug zu haben, das ihnen einen allgemeinen Überblick darüber gibt ebenso wie es den Kindern geht sagt eine dänische Lehrerin. Und die Kinder? Sie nutzen es gerne; erzählen sie zwischen Whiteboard und Schokokuchen. Besonders gefällt ihnen wie ihnen die App hilft netter miteinander zu reden.
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