Neue Erkenntnisse in der Medizin: Längliche Mikrobläschen sind effektiver als kugelrunde

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Medizin: Längliche Mikrobläschen wirken besser als kugelrunde

Gasgefüllte Mikrobläschen sind eine wichtige Unterstützung in der Medizin. Wenn sie in die Blutbahn eingesetzt werden, können sie als Kontrastmittel bei der Gefäß-Ultraschall verwendet werden, da sie Ultraschallwellen sehr gut reflektieren. Zudem können sie durch Anregung mit Ultraschallmedikamente temporär durch Zellmembranen und Blutgefäßwände transportieren. Eine neue Studie zeigt nun, dass längliche Mikrobläschen effektiver sind als kugelrunde.



Bisher waren die ein bis zehn Mikrometer kleinen Sphären immer kugelrund. Dafür sorgt ähnlich wie bei Seifenblasen die Oberflächenspannung. Nun haben Forscher um Anshuman Dasgupta und Twan Lammers von der RWTH Aachen mit internationalen Kooperationspartnern gezeigt, dass längliche Mikrobläschen ihre kugeligen Verwandten in vielerlei Hinsicht übertreffen können.


Fließen näher an Gefäßwänden


So fließen sie im Blut statt in der Gefäßmitte näher an der Gefäßwand und berühren sie damit öfter, also genau da, wo sie wirken sollen, sagt Dasgupta. Sie entgehen auch den Fresszellen des Immunsystems besser und können dadurch länger im Blut bleiben. Auf diese Weise ist ihre Konzentration an den Gefäßwänden höher. Vor allem aber zeigten Tierversuche mit Mäusen, dass die länglichen Bläschen durch all diese Vorteile die Blut-Hirn-Schranke besser öffnen können. Vor allem für Letzteres gelten Mikrobläschen als große Hoffnungsträger in der Medizin.



Blut-Hirn-Schranke wird überwunden


Die Blut-Hirn-Schranke ist eine selektive physiologische Schutzbarriere zwischen Blutgefäß- und Gehirnzellen. Sie blockt Krankheitserreger und lässt normalerweise nur Sauerstoff und Nährstoffe wie Glukose durch und Kohlendioxid sowie Abfallstoffe wieder raus. Fremdstoffe wie Medikamente erhalten nur Zutritt, wenn sie wie das Paracetamol klein und relativ wasserunlöslich sind. Größere Wirkstoffmoleküle wie therapeutischen Antikörper kommen nicht durch. Hier sollen Mikrobläschen helfen, solchen Medikamenten die Tür zu öffnen.


Wie die Aachener Forscher im Fachjournal PNAS schreiben, gelangte bei Mausversuchen mithilfe der länglichen Mikrobläschen fast doppelt so viel von dem Farbstoff Trypanblau – das als Modellmedikament parallel zu den Bläschen verabreicht wurde – in das Gehirn der Tiere als mithilfe der klassisch runden Bläschen. Für die Herstellung erwärmte Dasgupta ein Polymer, der als chirurgischer Klebstoff zum Verschließen von Wunden bereits zugelassen ist. Wird er über eine bestimmte Temperatur erhitzt, wird es flüssiger und gummiartig und lässt sich nun strecken. Kühlt man es wieder ab, wird das Material fest und behält die neue Form bei. "Es hat dann wieder eine glasartige, kristallähnliche Konsistenz", ergänzt Lammers.


Das Polymer besteht aus Butyl-Cyanoacrylat-Monomeren (PBCA). "PBCA gilt wie andere Poly(Alkyl-Cyanoacrylate) als relativ biokompatibles Material. Es wurde bei Patienten bereits für andere Anwendungen untersucht, etwa für die Verabreichung von Arzneimitteln mittels Nanopartikel", sagt Lammers. "Es wird bei den angewandten Dosen mit Sicherheit keine größeren Gesundheitsprobleme verursachen." Das Material zerfällt mit der Zeit schrittweise, indem seine Seitenketten abfallen, bis die Polymerstücke so klein sind, dass sie leicht über die Leber und die Nieren ausgeschieden werden können.


Anbringung von Antikörpern geplant


Im nächsten Versuchsschritt wollen die Forscher Antikörper auf der Oberfläche der Längsbläschen anbringen, die sie an der Blut-Hirn-Schranke verankern sollen, wo sie dann per Ultraschall zum Oszillieren oder Platzen gebracht werden. Zudem rechnen sie damit, dass eine noch stärkere Verlängerung der Bläschen, die sie noch nadelförmiger machen würde, zu einer noch besseren Wirksamkeit führen könnte. Das würde auch die späteren Marktchancen erhöhen. Denn von den runden medizinischen Mikrobläschen seien schon einige auf dem Markt. "Da könnte Platz sein für ein weiteres Produkt, aber nur wenn es nicht genauso aussieht und nicht genau dasselbe tut, wie die Bläschen, die es jetzt schon gibt", sagt Lammers.






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