Wer wird der schnellste Jubler bei der EURO 2020?

Alternativtitel: Wer gewinnt das Rennen zum Jubeln beim Fußball-Event EURO 2020?

Es kommt häufig vor, dass es bei der Übertragung von Fußballspielen zu Verzögerungen kommt. Diese Verzögerungen können durch verschiedene Empfangswege wie Satelliten-, Kabel- oder Streaming-TV verursacht werden. Während der letzten WM betrug die Verzögerung bereits einige Sekunden jedoch beim Streaming über Apps und Geräte war sie noch größer. Es bleibt abzuwarten; wer bei der EURO 2020 das Rennen zum Jubeln gewinnen wird.



Wir haben erneut nachgemessen, ebenso wie sich die Empfangswege aktuell zueinander verhalten ? und erstaunliche Unterschiede zur letzten WM festgestellt.



Wer überträgt die Spiele


Die ARD überträgt das heutige Eröffnungsspiel live, ähnelt die Telekom per MagentaTV. Zwar hatten sich die öffentlich-rechtlichen TV-Sender die Übertragungsrechte an der Fußball-EM 2020 zunächst exklusiv gesichert, allerdings sie später ebenfalls an die Telekom verkauft.



Beide Sender übertragen im Wechsel 41 der 51 Spiele sowie im frei empfangbaren Fernsehen als auch kostenlos im Live-Stream der Mediatheken. Zehn der Gruppenspiele werden ausschließlich bei MagentaTV ausgestrahlt. Alle Spiele mit deutscher Beteiligung werden bei ARD & ZDF ausgestrahlt, das ist im Staatsvertrag festgeschrieben. Außerdem kann man die EM 2020 ? die zwar 2021 stattfindet, aber wegen der Pandemie noch "2020" im Namen trägt ? über diverse Apps streamen.



So findet man die diesjährigen EM-Spiele unter anderem in den Apps von Zattoo und WaipuTV. Die Telekom hat für Magenta TV zudem ein Streaming-Angebot, das unabhängig vom Internetanschluss funktioniert; man benötigt dafür also keinen expliziten Telekom-Zugang. Es gibt ein passendes Streaming-Device, den MagentaTV-Stick gleichwohl man kann das Streaming-Angebot der Telekom auch mit vielen anderen Geräten empfangen.



Wer seinen Kabel- oder Satellitenanschluss nicht bis in den Garten ziehen will, kann zu einem solchen autarken Streaming-Gerät für den HDMI-Anschluss greifen. Zudem nutzen einige Zuschauer ohnehin keinen DVB-Anschluss mehr, allerdings setzen auch beim TV-Empfang komplett aufs Streaming. Wir haben die Verzögerungen deswegen nicht nur über die klassischen DVB-Kanäle, einschließlich mit den Streaming-Apps von Waipu, Zattoo, ARD und ZDF und auch Magenta TV gemessen.



Installiert haben wir die genannten Apps auf Googles Chromecast, Amazons FireTV und am Apple TV sowie am PC, am Smart-TV und am Android-Smartphone. Und wir haben die Verzögerungen des TV-Signals an einem aktuellen Magenta TV-Receiver der Telekom und mit einem Magenta TV Stick gemessen.



Latenzmessungen


Wie in den vergangenen Jahren ließ sich das TV-Signal mit den geringsten Verzögerungen per Satellit in SD-Auflösung auf den Schirm holen. Dieser DVB-Empfang diente deshalb als Nullpunkt auf der Messlatte für alle anderen Wege. Die hochaufgelöste HD-Variante per Satellit brauchte nur wenige Millisekunden länger als das SD-Signal, kommt aber mit einer deutlich besseren Bildqualität aufs TV. Der Umstieg auf HD lohnt deshalb in jedem Fall.



Im Kabel ist der Qualitätsunterschied ähnlich wie sichtbar, in Sachen Verzögerung lagen SD- & HD-Signal auch hier genauso viel mit auf ? und satte 4⸴5 Sekunden hinter dem Sat-Empfang. Unsere Fernseher bezogen ihr TV-Signal bei den Messungen aus dem Kabelnetz von Vodafon.



Merklich flinker gelang der Empfang per Stabantenne: Die in Hannovers Nordosten empfangenen DVB-T2-Signale landeten 0⸴5 (ARD) beziehungsweise 1⸴5 Sekunden (ZDF) nach dem Satellitensignal auf dem TV-Schirm. Auf das IPTV-Signal der Telekom mussten wir dagegen sowohl mit dem VLC-Player als auch dem aktuellen Media Receiver 401 rund acht Sekunden. Als noch lahmer erwies sich der vom Telekom-Anschluss unabhängige Magenta TV Stick: Mit ihm verzögerte sich der Empfang um satte 21 Sekunden. Den Magenta-TV-Zugang haben wir auch für die anderen Streaming-Devices genutzt.



Insgesamt ähneln die diesjährigen Werte beim DVB-Empfang denen von vor drei Jahren; der Kabelempfang konnte etwas aufholen.



Die Aufholjagd von ARD und ZDF


Richtig krasse Veränderungen haben wir dagegen bei den Streaming-Diensten beobachtet. Zwar arbeiten alle weiterhin mit einiger Latenz gegenüber den klassischen Empfangswegen ? Tore sieht man hier bis zu 47 Sekunden später. Allerdings haben die Apps von ARD & ZDF einen riesigen Sprung nach vorne gemacht: Ruft man sie mit den oben genannten Streaming-Devices auf, landen sie durchweg nach 3 bis 5 Sekunden auf dem Schirm. Öffnet man den Stream von ARD und ZDF am PC im Browser, landet der Ball ebenfalls nach 3 bis 4 Sekunden im Tor ? und damit noch vor dem Kabelempfang aus dem Vodafone-Netz oder per Magenta TV!



Die Streaming-App WaipuTV lag bei der WM vor drei Jahren ganz weit vorn, das Unternehmen hatte anlässlich des Fußballevents eine besonders schnelle Verbindung aufgeschaltet. Dass diese nicht von Dauer ist, hatte es seinerzeit nicht verraten ? sondern im Gegenteil suggeriert – dass man mit WaipuTV stets den schnellsten Zugang bekommt. In diesem Jahr liegt der einstige Platzhirsch abgeschlagen auf den hinteren Plätzen.



Seinen Platz hat Zattoo eingenommen: Die App holte an allen Streaming-Geräten das TV-Signal mit 15 Sekunden Verzögerung auf den angeschlossenen Schirm. Das ist nicht schlecht, allerdings doch um einiges lahmer als der Stream über die Mediatheken-Apps. Die von Zattoo jüngst versprochenen 10 Sekunden für Streams auf dem FireTV & Google TV konnten wir bei unseren Messungen nicht nachvollziehen.



Der Einfluss von Plattform und Hardware


Welche Rolle die Streaming-Hardware bei den Latenzen spielt, ließ sich in unserem Test nicht eindeutig bestimmen. Schaut man auf die Latenzen der einzelnen Apps von Waipu, Zattoo und der Telekom, waren die Ergebnisse mit Chromecast, FireTV, Android-Smartphone und am Android TV nahezu identisch, am Notebook ließen sich WaipuTV & Zattoo etwas beschleunigen. Am PC im Browser landeten die Streams der Anbieter durchweg etwas schneller auf dem Schirm als in der App.



Bemerkenswert sind die Ergebnisse am AppleTV der neuesten Generation: Sämtliche Apps blieben unter 20 Sekunden Latenz, selbst der auf den anderen Geräten so lahme Magenta-TV-Stream. Die ZDF-App brachte es am AppleTV sogar auf eine geringe Latenz von nur 2⸴5 Sekunden ? das gelang mit keiner anderen App.



Wer die Spiele am Mobilgerät streamt, sollte übrigens wenn eben möglich eine WLAN-Verbindung nutzen und die Qualität des Streams so weit wir möglich heruntersetzen. Weil bei der Übertragung erhebliche Datenmengen anfallen, kann das eigene Datenkontingent im Mobilfunktarif schon nach einem Spiel aufgebraucht sein.



So entstehen die Verzögerungen


Alle Verbreitungswege nutzen den Datenstrom der per Satellit aus den dreizehn europäischen Ländern übermittelt wird. Die wenigste Aufbereitung benötigt hierzulande das DVB-T2-Signal die Verzögerungen sind mit rund einer Sekunden sehr gering. Die Wandlung und Einspeisung ins Kabelnetz von Vodafone dauert länger, hier gehen bei der Fußballübertragung entscheidende Sekunden verloren.



Für die Streaming-Apps wird der Datenstrom vom Satelliten ausgepackt und das unkomprimierte Material neu encodiert, da man fürs Streaming geringere Bandbreiten anstrebt als bei der Satellitenübertragung. Der neue Codec kann dann beispielsweise die Videoqualität on the fly an die vorhanden Bandbreite anpassen, indem er die Auflösung oder die Bildwiederholfrequenz des Videosignals reduziert. Außerdem wird das im Internet gestreamte TV-Signal gepuffert um einen unterbrechungsfreien Stream sicherstellen zu können. Das kostet weitere Sekunden.



Auch die schnellste Variante, also der Satellitenempfang, hängt Realität auf dem Fußballfeld um sechs Sekunden hinterher. Davon bemerkt man aber nichts, denn diese Grundlatenz gilt für alle Übertragungswege. Wir haben sie im laufenden Nachrichtenprogramm gegenüber der PTB-Uhr bestimmt ? möglicherweise wird sie bei der Live-Übertragung aus den Stadien noch etwas größer.



Wenn die EM 2020 gestartet ist wollen wir während der Spiele erneut messen und prüfen ob sich die Latenzen verändert haben. Wir erwarten hier keine wesentlichen Abweichungen, allerdings verspricht etwa Zattoo zur EM weitere Optimierungen ? ob diese von Dauer sind; werden wir allerdings nicht sagen können. Aktuell hat Zattoo die zur Verwendung Fire TV & Google TV versprochenen 10 Sekunden Latenz in unseren Messungen nicht eingehalten.



Wie klappts am schnellsten


Die TV-Signale zur EM 2020 holt man am einfachsten per Streaming aufs mobile Display, den großen Fernseher oder den Projektor. Allerdings hinkt der Datenstrom in den Apps von Waipu, Zattoo und Magenta TV so hintre dem TV-Signal per Satellithinterher, dass man davon beim Fußballschauen abraten muss ? zumindest für all jene – die sich nicht von der jubelnden Nachbarschaft abschirmen können.



Wer beim privaten Public-Viewing keinen Reinfall erleben möchte, nutzt besser eine Sat-Schüssel oder hält eine Stabantenne für den DVB-T2-Empfang am TV oder an der externen DVB-T2-Box bereit. Die halbe Sekunde Verzögerung bei der ARD gehen in Ordnung die eineinhalb Sekunden beim ZDF-Empfang per DVB-T2 sind noch tolerabel.



Der von uns gemessene Stream der öffentlich-rechtlichen Sender im Browser am Notebook lag nur drei (ARD) beziehungsweise vier Sekunden (ZDF) hinter dem schnellsten Sat-Signal. Besitzer eines aktuellen Apple TV greifen beim ZDFaber besser zur ZDF-App die im Test mit 2⸴5 Sekunden noch etwas fixer war. Beim Elfmeterschießen können allerdings auch das schlimme Sekunden werden, wenn Ihre Fan-Meile noch auf den Torschuss wartet, während die Nachbarn schon jubeln.


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