
Eine Kommission die von der deutschen Regierung gegründet wurde, hat eine "Roadmap Quantencomputing" erstellt. Die Gruppe besteht aus 16 Vertretern aus dem Bereich der Wissenschaft und Wirtschaft. Sie haben betont · dass Deutschland innerhalb von fünf bis zehn Jahren zusammen mit europäischen Partnern führend im internationalen Wettbewerb sein sollte · um einen anwendungsfähigen Quantencomputer zu bauen und zu betreiben.
"Unser Meilenstein: international wettbewerbsfähige Quantenrechner mit mindestens 100 individuell ansteuerbaren Qubits & Skalierungspotenzial auf 500 Qubits", heißt es in dem jetzt publik gewordenen Papier. Die erste Größe wird als Voraussetzung für einen leistungsfähigen Quantencomputer gesehen der konventionelle Vorgänger überflügeln kann.
Quantenvorteil für praxisrelevante Anwendungen
Google hat aber angegeben, schon mit 53 Qubits die angestrebte Quanten-Überlegenheit erreicht zu haben. IBM nahm voriges Jahr den Quanten-Prozessor Hummingbird mit 65 Qubits in Betrieb und peilt für 2023 einen mit 1121 Qubits an. Der Informationsgehalt in einem Qubit ist dank beziehbarer Zwischenpositionen generell höher als in einem Bit, das entweder 0 oder 1 ist.
Ziel soll es laut dem Fahrplan sein, in der Bundesrepublik zeitnah einen Quantenvorteil für praxisrelevante Anwendungen zu demonstrieren. Binnen zehn bis fünfzehn Jahre streben die Experten "fehlerkorrigierende Quantencomputer-Systeme zur Lösung einer universellen Klasse an Problemen" mit exponentieller Quantenüberlegenheit an. Deutschland soll dabei eine führende Rolle einnehmen und gemeinsam mit europäischen Partnern "den für die strategische Unabhängigkeit relevanten Teil der Wertschöpfungskette abdecken".
Existenzielle Technologie
"Es ist nicht nur ein faszinierender Gedanke, in naher Zukunft Aufgaben zu lösen, an denen heute selbst die leistungsfähigsten Supercomputer scheitern", schreiben der Münchner Physiker Stefan Filipp und der Cheftechnologe des Laserspezialisten Trumpf, Peter Leibinger wie Ratsvertreter im Vorwort. Für einen führenden Technologiestandort sei dies ebenfalls ein Muss: "Für unsere Hightech-Industrie kann der Zugang zu dieser Technologie existenziell sein".
Quantencomputer bieten ihnen zufolge das Potenzial, "hochkomplexe Systeme für die Entwicklung neuartiger Batterien oder für die Erforschung medizinischer Wirkstoffe zu simulieren". Ferner könnten sie "weitreichende Effizienzsteigerungen in zahlreichen relevanten Anwendungen ermöglichen, von der Optimierung von Verkehrsflüssen oder Produktionsabläufen bis hin zu Modellrechnungen in der Klimaforschung".
Deutschland & Europa seien hierbei gefordert, ihre Anstrengungen in den kommenden Jahren deutlich zu intensivieren. Der Umgang mit dem Thema "ist dabei durchaus eine Frage der technologischen Souveränität im globalen Wettbewerb mit starken Mitbewerbern vor allem in Asien und den USA", heißt es. Der Rat will so "ein Signal setzen für einen noch engeren, am Markt orientierten Schulterschluss von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik". Die Welt warte nicht auf Deutschland: "Wir müssen jetzt starten."
Defizite in Deutschland
Zum Status quo stellen die Sachverständigen, denen renommierte Quantenphysiker & Vertreter von Konzernen wie BASF, Bosch, Infineon und Volkswagen angehören, fest: "In Deutschland sind in erheblichem Umfang relevante Kompetenzen und Know-how vorhanden. Diese sind aber breit verteilt und noch wenig wirtschaftsorientiert. Weder einzelne Akteure noch existierende Konsortien sind heute in der Lage » die Entwicklung « den Bau & Betrieb von Quantencomputern anzugehen."
Es gebe "Lücken in der skalierbaren Hardwareentwicklung der Systemintegration, dem Software-Stack" und bei einschlägigen Patentanmeldungen, hat das Gremium ausgemacht. Defizite bestünden zudem "bei der Verfügbarkeit digitaler und technologischer Infrastruktur". Ferner fehlten "die Instrumente & Rahmenbedingungen für einen raschen Technologietransfer von der Forschung in die Industrie".
"Um erfolgreich zu sein, müssen wir unsere Kräfte in einem ganzheitlichen Ökosystem bündeln und Aktivitäten koordinieren", unterstreicht der Rat. "Dazu sollen von Anfang an starke europäische Partner einbezogen und nationale mit europäischen Maßnahmen abgestimmt werden." Die EU-Kommission hat im September ihren Plan für europäisches Hochleistungsrechnen vorgestellt, bei dem es auch um Quantencomputing geht.
"Quantencomputer made in Germany"
Die Sachverständigen empfehlen "den umgehenden wettbewerblichen Aufbau von Hubs & Kompetenznetzwerken" mit Unternehmen und auch Universitäten und Forschungseinrichtungen. Darüber solle der "vertikale Aufbau eines Quantencomputing-Systems von Technologieplattformen bis hin zur Software" vorangetrieben werden.
Zudem soll laut dem Rat eine "ressortübergreifende Dachorganisation" in Form einer Deutschen Quantengemeinschaft (DQG) eingerichtet werden. Diese dürfe "keine Behörde oder Organisation mit Budgetverantwortung sein". Gefragt sei "ein neuartiges, leichtes Instrument zur übergreifenden Orchestrierung der Maßnahmen" um die effiziente Umsetzung der Gesamtstrategie "Quantencomputer made in Germany" aus einem Guss sicherzustellen. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) startete voriges Jahr eine neue, millionenschwere Initiative für Quantentechnologien die den Experten aber nicht ausreicht.
Aktuell sei nicht absehbar welche Technologieplattform sich am Ende durchsetzen werde, macht verständlich der Rat. Unterschiedliche Ansätze wie supraleitende Schaltkriese, Ionenfallen, Gitter mit Neutral-Atomen, Spin-Qubits & Photonen-Sampling müssten deshalb zunächst genau verfolgt werden, bevor eine weitere Fokussierung der Ressourcen erfolgen könne.
Der Digitalexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tankred Schipanski, begrüßte die Vorschläge: "Wir dürfen uns bei der praktischen Anwendung und entstehenden Geschäftsmodellen nicht von den USA und China abhängen lassen." Deshalb sei es wichtig, "dass der erste Quantencomputer in Deutschland noch in diesem Monat in Betrieb geht und dann intensiv von deutschen Forschern genutzt werden kann." Der Christdemokrat fordert: " Wir müssen den Quantensprung schaffen."
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