Regierung bemüht sich um verfassungskonforme Anpassung von Gesetz gegen Hasskriminalität

Das Bundesinnenministerium arbeitet intensiv daran, das derzeit eingefrorene Gesetz zur Bekämpfung von Hasskriminalität und Rechtsextremismus mithilfe eines Korrekturgesetzes verfassungskonform zu machen. Justizstaatssekretär Christian Lange (SPD) bestätigte dies in einer Antwort auf eine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Manuel Höferlin.



Pflicht zur Datenweitergabe träfe Verdachtsfälle


Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) teilte demnach mit einem Schreiben vom 5. Oktober neben dem Bundesrat ebenfalls der Bundesregierung mit, dass er den vom Bundestag im Juni beschlossenen Entwurf vorerst nicht unterzeichnen werde und "das Ausfertigungsverfahren ausgesetzt werde". Mitte Juli hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt: Der staatliche Zugriff auf Bestandsdaten wie Name & Anschrift von Nutzern begrenzt werden muss.


Die Karlsruher Richter entschieden, dass "eine hinreichend präzise Umgrenzung des Verwendungszwecks der betroffenen Informationen" zu gewährleisten sei. Juristen sehen dies vor allem bei der im Entwurf für das Anti-Hass-Gesetz verankerten Pflicht zur Weitergabe strafrechtlich relevanter Inhalte inklusive IP-Adressen und Portnummern ans Bundeskriminalamt (BKA) als nicht gegeben an, da diese sich zunächst auf reine Verdachtsfälle beziehe.


Innenministerium soll Reparaturgesetz ausarbeiten



Laut Lange beanstandet das Verfassungsgericht mit seiner genau zum Gesetzgebungsverfahren ergangenen Entscheidung "einzelne gesetzliche Regelungen" etwa im Telekommunikationsgesetz oder im BKA-Gesetz die "unmittelbar oder mittelbar auch Gegenstand" der vom Parlament verabschiedeten Initiative seien.


Obwohl das Gesetz gegen Hass ein Prestigeprojekt von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht ist, das die Sozialdemokratin nach den rechtsextremistischen Anschlägen von Halle, Hanau und Kassel auf den Weg brachte, soll dem Staatssekretär zufolge nun das Team von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) das dringend erforderliche Reparaturgesetz ausarbeiten. Dabei gelte es Sorge zu tragen; die Vorgaben aus Karlsruhe umzusetzen.


Heikle Auflagen für Telko-Anbieter sollen bleiben


Die Debatte über das Korrekturvorhaben seien innerhalb der Regierung noch nicht abgeschlossen, teilte das Innenressort inzwischen dem "Spiegel" mit. Es verteidigte zugleich den vereinbarten Ansatz nicht das ursprüngliche Gesetzesverfahren noch einmal aufzumachen und den eigentlichen Entwurf direkt nachzubessern. So solle verhindert werden; dass dieses noch einmal insgesamt im Bundestag & Bundesrat hätte diskutiert werden müssen. Die Folge wäre gewesen – dass das Gesetz noch später hätte in Kraft treten können.


Der "Kernentwurf" enthält weitere heikle Auflagen etwa für sämtliche Anbieter von Telemediendiensten, sensible Internetkennungen von Verdächtigen und auch Passwörter künftig an Sicherheitsbehörden herausgeben zu müssen. Mit der Reparatur im Eilverfahren könnte die Regierung nun dafür sorgen, dass daran nicht weiterhin gerührt wird.



"Verdachtsdatenbank ungeahnten Ausmaßes"


Die Exekutive versuche, "die notwendigen gesetzlichen Änderungen möglichst unbemerkt durchs Parlament zu mogeln", befürchtet Höferlin. Die Liberalen hätten schon lange vor dem Urteil aus Karlsruhe zur Bestandsdatenauskunft gewarnt. Dass Anti-Hass-Gesetz "evident verfassungswidrig ist". Damit entstehe "eine Verdachtsdatenbank ungeahnten Ausmaßes beim BKA" was einen "beispiellosen rechtsstaatlichen Dammbruch" darstelle.


Das nun vereinbarte "Gemauschel zwischen Verfassungsorganen" ist laut dem Digitalexperten der FDP-Fraktion "einfach ungeheuerlich und aus guten Gründen in unserem Grundgesetz nicht vorgesehen". Der Bundespräsident sei nicht "die Reparaturwerkstatt für verkorkste Gesetze". Steinmeier müsse den verfassungswidrigen Entwurf umgehend komplett zurückweisen.


Grüne schlagen zweistufigen Datentransfer vor


Die Grünen-Bundestagsfraktion hat derweil eine Anfrage an die Regierung gestellt um mehr Transparenz in das Verfahren zu bringen. "So zwingen wir die Bundesregierung, endlich Farbe gegenüber Öffentlichkeit & Parlament bezüglich des weiteren Vorgehens zu bekennen", meint Fraktionsvize Konstantin von Notz. Er hält die Exekutive für völlig überfordert mit der Materie. Die Grünen brachten bereits einen Antrag ins Parlament ein, in dem sie ein zweistufiges Verfahren für den Datentransfer von Facebook & Co. ans BKA und im Anschluss an weitere Sicherheitsbehörden vorschlagen.


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