LTE-Anlagen an der Schiene wegen Zugfunk stark gedrosselt

Veraltete GSM-R-Ausrüstung in Zügen sorgt dafür, dass LTE entlang der Strecke stark eingeschränkt ist. Das soll sich nun endlich ändern.
Mobilfunkbetreiber müssen LTE-Anlagen im wichtigen 900-MHz-Band von den Bahnanlagen wegdrehen, um den digitalen Zugfunk GSM-R nicht zu stören. Wie der SPD-Abgeordnete Gustav Herzog vom Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur am 20. Mai 2020 bekanntgab, stellen "gehärtete", störungsfreie GSM-R-Endgeräte eine Lösung dar, werden von der Deutschen Bahn und anderen aber nicht überall eingesetzt. Durch eine eingeleitete Modernisierung würde in Zügen in Summe circa 250 MBit/s zusätzliche Bandbreite zur Verfügung gestellt werden, erklärte Herzog in einem Positionspapier, das Golem.de vorliegt.
GSM-R steht als sicherheitsrelevanter Mobilfunk in der Hierarchie über dem öffentlichen Mobilfunk. Um Störungen zu vermeiden, wurde laut Positionspapier um jede Gleisanlage ein Sicherheitskorridor errichtet. Vier Kilometer links und rechts vom Gleis darf der öffentliche Mobilfunk keine LTE900-Signale ausstrahlen. "Mobilfunkmasten werden abgeschaltet oder Antennen vom Gleiskörper weggedreht. Nur in enger Abstimmung und mit verminderter Sendeleistung darf der Sicherheitskorridor unterschritten werden. Die Mobilfunkversorgung bleibt damit zum Schutz von GSM-R unter ihren Möglichkeiten. Für Endkunden ist die Einschränkung im Korridor deutlich spürbar", erklärte Herzog.
Die unterschiedliche Nutzung nahe beieinanderliegender Frequenzen kann laut dem Papier bei einer räumlichen Nähe der Sende- und Empfangsanlagen zu Störungen beim Funkverkehr der Bahn durch Überlagerung von Frequenzen (Intermodulation) der Mobilfunker und Übersteuerung der GSM-R-Empfänger bei der Bahn führen.
Angesichts des dichten Schienenwegenetzes mit einer Gesamtlänge von 39.000 Kilometern "wird ein großer Landesteil zum Sicherheitskorridor erklärt, in dem LTE900-Anlagen nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden dürfen. Entfiele diese Einschränkung, könnten die Mobilfunknetzbetreiber in diesem Schutzkorridor in kurzer Zeit mehr als 51.000 Basisstationen mit LTE900 in Betrieb nehmen", betonte Herzog.
Durch Absprachen der Betreiber mit der Deutschen Bahn Netz könne der Sicherheitskorridor auf 500 Meter reduziert werden. Diese Absprachen existieren für GSM900 für alle drei Netzbetreiber, für LTE900 jedoch erst seit 2019 und nur für die Deutsche Telekom. Gespräche mit Telefónica und Vodafone fänden derzeit statt und sollten in Kürze abgeschlossen werden. Voraussetzung der Betreiberabsprachen sei jedoch die aufwendige Anpassung der Sendefrequenzen und -leistungen jeder einzelnen Mobilfunkbasisstation.
Eine bessere Lösung der Problematik sei daher der flächendeckende Einsatz störungsfreier, gehärteter GSM-R-Endgeräte. Seit dem Jahr 2016 müssen alle Neufahrzeuge mit gehärteten GSM-R-Endgeräten ausgestattet sein. "Die bestehende Fahrzeugflotte genießt jedoch Bestandsschutz und solange nicht alle Endgeräte aller Lokomotiven und Triebwagen auf unserem Schienennetz umgerüstet sind, muss zum Schutz vom sicherheitsrelevanten GSM-R die Sendeleistung der Mobilfunkanlagen reduziert bleiben", sagte Herzog.
Das Eisenbahnbundesamt hat etwa 13.900 Fahrzeuge ermittelt, die vor dem Jahr 2016 zugelassen wurden. Die Zahl der Endgeräte werde anhand der verbauten SIM-Karten auf 18.500 geschätzt. Herzog will das bestehende Umrüstungsprogramm des Gesetzgebers ändern, weil es kaum angenommen wird. Die Umrüstung bedeute Werkstattzeiten und 50 Prozent der Umrüstkosten müsse die Bahn selbst tragen. Insbesondere im Güterverkehr, der keine Fahrgäste transportiert, passiert deshalb wenig.
"Zum einen muss der Förderhöchstbetrag auf 100 Prozent der anrechenbaren Umrüstungskosten erhöht werden und zum anderen muss das Programm mit einem Enddatum versehen werden. Im Rahmen einer Frist von 18 Monaten erhalten Eisenbahnverkehrsunternehmen kostenlos ein Upgrade ihrer Mobilfunktechnik. Nach Ablauf der Frist reduziert sich die Förderhöchstbetrag auf 50 Prozent", erklärte der Abgeordnete. Nach Ablauf weiterer sechs Monate sollen alle nicht umgerüsteten Fahrzeuge aus Sicherheitsgründen einer Geschwindigkeitsbeschränkung unterworfen werden, die es ermöglicht, den öffentlichen Mobilfunk entlang der Gleisanlagen freizugeben. Die Kosten für die Umrüstung aller ungehärteten GSM-R-Module belaufen sich auf etwa 110 Millionen Euro.
Quelle: Golem

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