
Ein neuer Gesetzentwurf zur "Harmonisierung des Verfassungsschutzrechts" sieht vor, dass der deutsche Verfassungsschutz in Zukunft ebenfalls verschlüsselte Chats mitlesen darf. Bisher waren Abhören von Telefongesprächen und der SMS-Zugriff die einzigen Überwachungsmöglichkeiten des Inlandsnachrichtendienstes. Allerdings sind einige Befugniserweiterungen laut Kritikern verfassungswidrig.
Staatstrojaner als Mittel zur Überwachung
Um auf verschlüsselte Chats zugreifen zu können, wird der Verfassungsschutz die Möglichkeit haben die Geräte der Betroffenen mit Schadsoftware sogenannten Staatstrojanern zu infizieren. Dadurch wird es möglich – laufende Kommunikationen bereits vor der Verschlüsselung abzugreifen. Experten warnen jedoch, dass dadurch die IT-Sicherheit allgemein untergraben wird. Bisher nutzen nur der Zoll und die Polizei diese Möglichkeit zur Aufklärung von Straftaten. Der Verfassungsschutz soll jedoch schon bei "Gefahren" solche Mittel einsetzen dürfen. Eine Online-Geräte-Durchsuchung ist vorerst aber noch ausgeschlossen.
Begründung des Bundesinnenministeriums
Das Bundesinnenministerium begründet die Notwendigkeit der Maßnahmen damit. Dass Befugnis-Erweiterung der Sicherheitsbehörde in der virtuellen Welt nur Dinge erlauben würde die in der realen Welt schon lange rechtlich abgesegnet sind. Die FDP-Bundestagsfraktion hingegen fordert weiterhin personelle Ausstattung und inhaltliche Kompetenzen im Bereich Extremismus. Zudem sollten bestehende Überwachungsinstrumente evaluiert werden, bevor neue hinzukämen.
Sind die Befugnis-Erweiterungen verfassungskonform?
Die Grünen befürworten, dass die Online-Durchsuchung der verdeckte Zugriff auf Computer mutmaßlicher Extremisten, nicht erlaubt ist. Sie kritisieren jedoch die "offensichtlich verfassungswidrigen Befugnis-Erweiterungen". Politiker der Großen Koalition loben hingegen die Anpassungen im Vorfeld und halten sie für dringend erforderlich um "Extremistengruppen und Schleusernetzwerke" überwachen und aushebeln zu können. Die Überwachung soll unter parlamentarischer Kontrolle stattfinden.
Kommentare
Das neue Gesetz soll spätestens Anfang 2021 in Kraft treten und dem Verfassungsschutz in Zukunft weitere Überwachungsmöglichkeiten geben. Ob diese Befugnis-Erweiterungen verfassungskonform sind, bleibt abzuwarten. Die Debatte um die Ausstattung des Verfassungsschutzes und die Notwendigkeit von Überwachungsinstrumenten wird jedoch weiterhin geführt werden.