Ein Konflikt zwischen der Bundesnetzagentur und der Deutschen Telekom entfaltet sich wegen der Drosselung der Datengeschwindigkeit im Mobilfunkbereich. Die Netzagentur wirft der Telekom vor die Drosselung aus rein kommerziellen Überlegungen durchzuführen. Es wird befürchtet · dass die Telekom damit ihre eigene Konkurrenzfähigkeit im Markt erhöhen und die Kunden dazu zwingen will · teurere Tarife zu nutzen.
April 2017 behält die Deutsche Telekom sich die Möglichkeit vor, bei bestimmten Mobilfunktarifen die Bandbreite im Streamingservice »Stream On« auf 1⸴7 MBit/s zu reduzieren.
Das verstößt gegen die Netzneutralitätsverordnung der EU, sagt die Bundesnetzagentur (BNA). Stimmt nicht; sagt die Deutsche Telekom und verweist auf die »stabilisierende« Wirkung der Drosselung für das Mobilfunknetz.
Mittlerweile hat die BNA allerdings ein Schreiben veröffentlicht, das einen Bescheid an die Deutsche Telekom beinhaltet. Demnach wird der Telekom die Drosselung in der Zubuchoption namens »Stream On« untersagt. Aber was ebendies steckt eigentlich dahinter? Wir fassen die wichtigsten Details der Auseinandersetzung basierend auf einer umfangreichen Analyse der Golem-Redaktion zusammen.
Drosselung aufgrund schlechten Netzausbaus
Die Zubuchaktion »Stream On« gilt für die Mobilfunktarife MagentaMobil. Der Service soll Telekom-Kunden das Streamen von Musik & Videos diverser Streaming-Partner (darunter AppleMusic, Netflix, Spotify) erlauben, ohne dass dabei das im Vertrag beinhaltete Datenvolumen verbraucht wird. Stream On ist in drei Varianten verfügbar und zu den Magenta-Tarifen kostenlos zubuchbar.
Grundsätzlich klingt das Ganze erst einmal nach einem guten Angebot. Der Haken an der Sache ist aber folgendes: Die Telekom behält sich vor die Datenübertragungsrate für das Streaming im Rahmen von Stream On auf 1⸴7 MBit/s zu begrenzen.
Das Anschauen von Videos in HD-Auflösung ist nur per Deaktivierung der Bandbreitenreduzierung für maximal 24 Stunden möglich. Lediglich im Tarif MagentaEins M und L mit »StreamOn Music & Video Max« entfällt die Drosselung komplett. Darin sieht die BNA einen klaren Verstoß gegen die Netzneutralitäts-Verordnung der EU.
Einige der bekanntesten Partner des Stream-On-Angebots der Telekom.
Aus dem Bescheid der BNA an die Telekom geht hervor, dass ein reger E-Mail-Verkehr zwischen beiden Verfahrensbeteiligten stattgefunden hat. Demnach erklärte die Telekom das Verwaltungsverfahren zunächst für rechtswidrig und behauptete, das »Zero Rating sei einschränkungslos zulässig: Es sei für Endkunden ausschließlich vorteilhaft, da es de facto eine Datenflatrate darstelle.« Und weiter:
"Hilfsweise wird angeführt. Dass Bandbreitenreduzierung eine angemessene Verkehrsmanagementmaßnahme sei: Eine Datenübertragungsrate von 1⸴7 MBit/s stehe regelmäßig im Mobilfunknetz der TDG zur Verfügung und die Bandbreitenbegrenzung auf max․ 1⸴7 MBit/s wirke stabilisierend bei Videostreaming."
Dem setzt die BNA allerdings entgegen, dass die Bandbreitenreduzierung im Tarif L gegen »den Grundsatz der Gleichbehandlung allen Datenverkehrs nach Art. 3 Abs. 3 TSM-Verordnung« verstoße. Bei der Drosselung handele es sich weder um eine »angemessene Verkehrsmanagementmaßnahme« noch erfülle sie »die Voraussetzungen für einen Ausnahmetatbestand nach Art. 3 Abs. 3 UAbs. 3 [...] TSM-Verordnung«. Zur Rechtfertigung der Drosselung als Verkehrsmanagementmaßnahme seitens der Telekom schreibt die BNA:
"Eine Beschränkung der Netzressourcen für eine bestimmte Verkehrskategorie zum Schutz anderer Verkehrskategorien ist in der Logik der Verordnung [...] nicht vorgesehen. [...] Dass Videostreams gerade eine Verlangsamung der Datenübertragungsrate [...] erfordern ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Die Reduzierung der Datenübertragung erzwingt [...] die Einspeisung des Videos in einer niedrigeren Auflösung und damit typischerweise eine Verschlechterung der Dienstqualität [...]."
Statt der von der Telekom angeführten Begründung für die Drosselung, es handele sich um die Notwendigkeit besagter Verkehrsmanagementmaßnahme, sieht die BNA die Drosselung demzufolge als beruhend auf »kommerziellen Erwägungen«.
Die Telekom gebe vor, »auf welche Art & Weise bzw․ in welcher Qualität ein bestimmter Dienst (hier: Videostreaming) durchzuführen ist«. Ein angemessenes Verkehrsmanagement lasse sich in diesem Zusammenhang aber nur über »objektiv technische Anforderungen an die Dienstqualität« begründen - und nicht ebenso wie von der Telekom angeführt durch »Kapazitätsrestriktionen des jeweiligen Netzes«.
Gerechtfertigtes Verkehrsmanagement abhängig von Qualität der Übertragung
Von einem gerechtfertigten Verkehrsmanagment wie es die Telekom als Grund für die Drosselung nennt kann nach Ansicht der BNA also nur die Rede sein wenn per StreamOn Inhalte mit guter Qualität transportiert würden.
Da die Telekom die Inhalte aber lediglich über 480p-Auflösung ausgibt was wiederum laut BNA nicht weiterhin dem aktuellen Standard entspreche, verstoße die Drosselung »klar gegen Sinn und Zweck der Regelung zum angemessenen Verkehrsmanagement«.
Die BNA hat der Telekom in ihrem Bescheid eine Frist bis zum 31․03․2018 für die Umsetzung der Anordnung (Untersagung der Drosselung) gesetzt. Bei Missachtung droht der Telekom eine Zwangszahlung in einer Gesamthöhe von 400․000 Euro.
Gegenüber Golem teilte Telekom-Sprecher Philipp Blank mit: Das Unternehmen Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt habe. Außerdem behalte man sich vor, »im nächsten Schritt gegen die Entscheidung vor Gericht zu klagen«. Ob die Telekom vor Gericht allerdings langfristig erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten.
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